Erste Furt

Hrafnkelsdalur

 

Furt Hrafnkelsá

3.Tag-31.Juli 2004
Vom Langavatn bis zum þrihyrningsvatn, 61 km

Es hat wieder die ganze Nacht geregnet. Auch war es das erste Mal etwas kälter. So um die 5 bis 6 °C. Es war doch ganz gut, dass ich mir vor der Reise noch einen neuen Schlafsack gekauft habe. So war mir in der Nacht mollig warm. Wir frühstücken erst einmal und warten den Regen ab. Der Wind kommt weiter stramm aus Südwest. Zum Glück sind es nur noch 10 km Richtung Süden und dann biegen wir nach Westen.
Es hört nicht auf zu regnen, aber trotzdem packen wir die Sachen zusammen und machen uns auf den Weg. Der Regen wird uns von vorn links ins Gesicht gepeitscht. Die Haut kühlt merklich aus. So sind wir froh, als wir die Abzweigung erreichen und der Wind jetzt von schräg hinten kommt. Hier geht es endlich mit mehr als 8-9 km/h vorwärts und der Abzweig Richtung Brú ist schnell erreicht. Es gibt zwischen mir und Winfried Diskussionen, da er meint, es wäre nicht die richtige Abzweigung. Aber nach den Kilometerangaben des Motorradfahrers muss sie es sein. Außerdem ist die Tankstelle Richtung Aðalból ausgezeichnet, so dass die meisten Zweifel beseitigt sind.

Und so haben uns die isländischen Hochlandpisten wieder. Es macht Spaß, nach der Asphaltfahrerei über die Pisten zu hoppeln. Bald kommt auch die erste Furt. Sie ist nicht breit, aber in Anbetracht des schlechten Wetters und der kühlen Temperaturen ist das Furten nicht sehr angenehm. Ein Blick zurück zeigt uns, dass der Snæfell komplett mit Regenwolken verhüllt ist.
Als wir die Anfahrt ins Hrafnkelsdalur erreichen, kommt zum ersten Mal die Sonne raus. Die Abfahrt ist steil und sehr steinig, so dass wir uns sehr konzentrieren müssen. Wollen wir die phantastische Landschaft genießen, müssen wir anhalten, alles andere ist zu gefährlich. Zwei, drei mal muss ich unfreiwillig absteigen, aber es passiert nichts. Roman geht es da anders. Er fährt vor mir und ich sehe noch, wie er seitwärts über den Lenker fliegt. Eine Minute später sind wir bei ihm. Ihm ist nichts passiert, doch der Wind von gestern und die schlechte Piste haben ihn psychisch angegriffen. An materiellen Schäden ist nichts zu beklagen, nur das Schaltauge ist leicht verbogen.

Kurz vor Aðalól kommt die erste größere Furt. Es muss der Gletscherfluss Hrafnkelsá durchquert werden. Das Wasser scheint nicht allzu tief zu sein. Trotzdem rufe ich mir noch einmal alle Regeln zurück in den Kopf. Breite Stelle suchen, Fahrrad auf der Seite stromabwärts führen und 45 Grad schräg gegen die Strömungsrichtung schieben. Das Furten ist nicht schwierig, das Wasser geht nur bis zum Knie. Zum Glück ist es noch früh am Morgen, wer weiß, wie tief der Fluss am Abend ist. Auf der anderen Seite des Flusses machen wir eine Pause. Die Sonne scheint und so ziehen wir die Pause in die Länge. Ich krame mein Handy raus und es ist tatsächlich Empfang. So schicke ich noch eine SMS nach Hause, dass alles okay ist. Irgendwie haben wir die ganze Zeit das Gefühl, dass in der Ferne ein Bagger arbeitet. Ich hole das Fernglas raus und suche den Horizont ab. Und tatsächlich, am Ende des Tales bauen Bagger eine Staumauer für das umstrittene Staudammprojekt. Das erklärt auch den Handyempfang, denn da wo Baustellen sind, kann man auch mit dem Handy telefonieren.

Nach der Pause geht es mit Rückenwind zügig vorwärts. Die Piste ist gut und somit ist Brú schnell erreicht. Von weiten ist die Auffahrt ins Hochland schon zu sehen. Wir wollen weiter auf der F910 Richtung Kreppabrücke. Roman verteilt noch eine Packung Traubenzucker und dann geht’s bergauf. Die Piste ist steil und steinig, aber ich habe den Ehrgeiz, nicht abzusteigen. Das ist nicht so einfach, da durch den groben Schotter immer wieder das Hinterrad durchdreht. Nach 150 Höhenmetern ist der erste Pass geschafft. Ich habe gegenüber Winfried und Roman einen ziemlichen Vorsprung rausgefahren. So verkrieche ich mich hinter einem großen Stein und esse erst einmal eine Tafel Schokolade.
Als nächstes kommt Winfried, auf Roman müssen wir noch eine ganze Weile warten. Er hat den größten Teil des Berges geschoben. Von jetzt an ist das Gelände hügelig. Die Piste ist durch die vielen Autos mit Wellblech deformiert. Das Fahren macht keinen großen Spaß und ist sehr anstrengend, aber wir kommen ohne Probleme bis zur Furt des Flüsschens Fiskidalsá.
Der Tacho zeigt mittlerweile 55 km. Es ist schon recht spät, so dass wir überlegen könnten, hier zu übernachten. Ich warte auf die anderen beiden und wir beratschlagen. Als nächstes kommt der Pass hinüber zum Prihyrningsvatn. Bis hoch sind es noch einmal 200 Höhenmeter. Das soll die letzte Anstrengung für den heutigen Tag sein.

Ich bin mittlerweile doch ziemlich platt, so dass ich keinen Ehrgeiz mehr entwickle, den Berg ohne Abzusteigen hoch zu schuften. 1994 bin ich hier im Nebel entlang gefahren, da hab ich gar nicht gemerkt, wie hoch der Pass ist. Kaum hat man einen Hügel geschafft, kommt der nächste in Sicht. So ist es schon 19 Uhr, als wir oben am Pass ankommen. Das nächste Flüsschen mit Zeltgelegenheit ist unser. Wir bauen die Zelte auf und kochen Essen. Es gibt Reis mit Curryhuhn. Meine beste Freundin Johanna hat mir etwas von ihrer Spezial-Camping-Kräuter-Mischung mitgegeben. Ich würze das Essen kräftig damit. Was ich nicht bedacht habe ist, dass die Mischung zum großen Teil aus Chili besteht und so bleibt uns beim Essen der Mund offen stehen. Nur zum Wegwerfen ist es zu schade, so müssen wir da durch und spülen die Schärfe mit reichlich Wasser runter.

Bald ist die Sonne hinter den Bergen verschwunden. Bevor wir uns in die Zelte verkriechen, kommt Roman zu mir und meint, er will den nächsten Tag nicht mehr mit uns weiterfahren. Die Strecke, die wir heraus gesucht haben, ist ihm zu schwer. Das Rütteln der Schotterpisten und die körperliche Anstrengung haben ihn mürbe gemacht. Und die richtig schweren Strecken kommen erst noch. Er wird morgen mit uns noch bis zu Kreuzung F910/F905 fahren und von dort aus ins Mödrudalur abbiegen. Schade, aber ich hatte so etwas schon befürchtet. So bekommt er meinen Ersatzkocher und einen Topf.  Der 3.Tag in Island endet somit mit dem “Verlust” eines Begleiters.

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