Rote Lava

Durch die Krepputunga

 

Jökulsa a Fjöllum

7.Tag-04.August 2004
Vom Kverkfjöll zur Askia, 67 km

Ich bin bereits um 6 Uhr wach. Auch die österreichische Busgesellschaft lärmt schon. Sie werden heute abreisen und weiter Richtung Askia fahren. Der Himmel ist wolkenlos und es scheint ein schöner Tag zu werden. Mit den typischen Problemen bei schönem Wetter in diesem Gebiet. Wahrscheinlich wird uns in der Krepputungawüste der Sand um die Ohren geweht, da sich wieder starke Fallwinde vom Gletscher bilden.

Wir sind ein ganzes Ende früher als die Busgesellschaft fertig und können gegen 8 Uhr los rollen. Die Ebene bis zum ersten Anstieg ist schnell geschafft. Der erste Berg ist so steil, dass wir schieben müssen. Die Piste kommt mir heute gar nicht so schlecht vor und weil wir Rückenwind haben, schaffen wir die 17 km bis zur ersten Kreuzung in 1 1/2 Stunden. Das Stück Piste durch die rote Lava sieht heute bei dem guten Wetter besonders faszinierend aus.

Heute wählen wir die westlich Route, F902, durch die Krepputungawüste. Wir sind noch nicht weit gekommen, da werden wir von der österreichischen Busgesellschaft eingeholt. Wir machen Platz, dass der Bus an uns vorbei fahren kann. Aber der Bus will gar nicht vorbei fahren. Ca. 5m vor uns hält er an, die Tür öffnet sich und 5 Leute mit ihrer Kamera in der Hand steigen aus. Sie stellen sich in Reih und Glied auf, die Kamera wird in Anschlag gebracht. Jetzt erst begreifen wir, dass wir das Fotoobjekt sind und machen “Gute Miene” zum “bösen” Spiel.

Ab hier beginnt das typische Grau der Krepputungawüste. Mir war gar nicht bewusst, dass es so viele Grautöne gibt. Ich bin echt beeindruckt. Auch beginnen die ersten Sandpassagen, die wir schieben müssen. Wir befinden uns noch im Windschatten des Berges Lindafjöll, so dass wir vom Wind noch nichts merken. Das ändert sich, als wir die Lavafelder der Krepputungawüste erreichen. Hier gibt es keine Berge mehr, die Windschutz bieten. Zum Glück kommt der Wind von schräg hinten und treibt uns vorwärts. Rechts und links der Piste bilden sich immer wieder kleine Windhosen aus Sand. Wir fahren ungefähr mit 20 km/h und die Windhosen überholen uns. Die Windgeschwindigkeit liegt bei ungefähr 30 km pro Stunde. Mittlerweile bestimmt auch der Berg Upptyppingar wieder die Landschaft und kurz vor dem Abzweig zur Askia häufen sich die Sandfelder wieder. Wir müssen jetzt wieder öfters schieben.

Nach 43 km erreichen wir den Abzweig zur Askia. Wir haben dafür nur 4 Stunden gebraucht. Der Rückenwind hat uns gut unterstützt. Ich stelle mein Rad an den Wegweiser und mache die einige Fotos für die Statistik. Die Wasservorräte haben wir gut geplant. Ich habe für die letzten 25 km noch 2,5 Liter Wasser, das sollte reichen. Nach ca. 15 min kommt auch Winfried. Wir machen für ihn eine kurze Pause und dann geht es weiter Richtung Askia. Der Wind kommt jetzt von der Seite, der Sand der Piste ist sehr locker, weshalb es nicht mehr so schnell vorwärts geht, wie auf den ersten 43 km. Die Brücke über den Gletscherfluss Jökulsa a Fjöllum kommt in Sicht. Der Wind ist so stark, dass wir zum schließen des Gattertores alle beide Hand anlegen müssen. Einer alleine schafft es nicht, da der Wind die bereits zugemachte Torhälfte immer wieder aufdrückt. Ein Blick auf den Gletscherfluss zeigt, dass er durch die warme Witterung sehr viel Wasser führt. Hoffentlich ist das auf der Gæsavatnaleið nicht auch so.

Nachdem wir um den Berg Upptyppingar herum sind, können wir die Herðubreið sehen. Sie ist in einen dicken Staubschleier eingehüllt. Eigentlich ist das hier eine perfekte Stelle, um Fotos zu machen. Das Lavafeld im Vordergrund besteht aus heller Bimsteinlava, durchsetzt mit schwarzen Lavafelsen und dann im Hintergrund die Herðubreið. Der Sandsturm verdunkelt aber die gute Kulisse und verhindert heute jedes gute Foto. Bis zum Abzweig zur Askia wird die Piste dann immer sandiger, so dass wir immer wieder schieben müssen.

Nun beginnt das schwerste Stück Arbeit für heute. Auf den letzten 13 km zur Askia haben wir den Sandsturm gegen uns. Der Tacho zeigt meist nur 8 km/h an, so das wir mehr als 1 1/2 Stunden dafür brauchen. An der Askia angekommen, hole ich mir erst mal eine Trinkflasche frisches Wasser, krame eine Tafel Schokolade raus, nutze mein Rad als Windschutz und lege mich in die Sonne. Wie ich so da liege, werde ich von der Seite angesprochen. “Wie war die Fahrt heute?” Ich drehe meinen Kopf zur Seite und schaue nicht in das Gesicht des Fragenden, sondern in die Linse einer Nikon F5. Der Kameraauslöser klickt. Es ist einer der österreichischen Bustouristen. So bin ich zum zweiten Mal am heutigen Tag Fotoobjekt.

Nach weiteren 30 min hat es auch Winfried geschafft. Wir bauen die Zelte auf und es dauert nicht lange, bis der Sandsturm riesige Mengen Staub ins Zelt gepustet hat. Wir gehen zur Hütte um uns anzumelden und unser Verpflegungspaket abzuholen. Das ist zum Glück angekommen und damit ist unsere weitere Reise gesichert. Wir haben wieder Brot, Schokolade, Marsriegel, Kekse, Honig, Salami, Käse, Tütensuppen und Spagetti. Nur die Margarine hat es nicht überlebt. Einmal flüssig, immer flüssig. Zum Glück hab ich noch genug Butter. Wir schwatzen noch eine Weile mit den Mädels in der Hütte und erkundigen uns nach dem Zustand der Gæsavatnaleið syðri. Sie meinen, die Strecke sei gut markiert und wenn das Wetter so bleibt, sei die Strecke auch gut zu schaffen. Als wir ihnen erklären, dass wir die Strecke mit dem Rad fahren wollen, schütteln sie nur den Kopf. Sie fragen uns, ob wir wüssten wieviel Sand auf uns wartet und dass es bei dem trockenen Wetter eine Schinderei ist. Wir beruhigen sie und sagen ihnen, dass wir wissen worauf wir uns einlassen, da ich 1994 schon die Gæsavatnaleið nyðri gefahren bin. Eigentlich hatte ich ja an der Askia noch einige Radfahrer erwartet. Die Mädels von der Dreki-Hütte meinen aber, der Wind sei schon seit einer Woche so stark. Üblicherweise kommen die Radler vom Myvatn. Und wer nimmt schon 90 km Gegenwind durch die Sandwüste auf sich. Wir sind die ersten Radfahrer seit einer Woche.

Nach dem Abendbrot klettern wir noch ca. 30 Wegminuten den Berg hinauf und genießen den Sonnenuntergang. Morgen wollen wir hier einen Ruhetag einlegen. Wir werden das Rad gegen die Wanderschuhe tauschen und über den Wanderweg zum Öskjuvatn und dem Krater Víti wandern.

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